Im Interview: Rennmechaniker Max Franz
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Aufheulende Motoren, qualmende Reifen und ohrenbetäubender Sound: Der Rennsport ist eine Welt für sich und bedeutet für Fahrer:innen, Fans und für das Team Adrenalin pur. Wie er seinen Weg in die Branche gefunden hat und was für ihn die Faszination Motorsport ausmacht? Davon berichtet Rennmechaniker Max Franz.
Die Technik im Auto, das Flair an der Strecke, die Spannung vor und während des Rennens und der Ansporn, immer noch die letzten Hundertstel herauszukitzeln. Das macht für Max Franz den Motorsport aus, das ist für ihn Sport höchster Klasse. Der gebürtige Nürnberger hat sich von klein auf für Rennen interessiert: „Die Begeisterung war einfach immer da. Hauptsächlich waren es die gemeinsamen Erlebnisse mit meinem Vater, meinem Onkel und meinem Opa, entweder an der Rennstrecke, vor dem Fernseher oder in der Garage beim Rumschrauben an alten Autos, die mich in der Hinsicht sehr geprägt haben.“
Nach seinem Schulabschluss zog es Franz zunächst für einige Jahre zur Bundeswehr. Dort hatte er gegen Ende seiner Verpflichtung die Möglichkeit, ein Betriebspraktikum in einem Motorsportunternehmen zu absolvieren, das zu der Zeit mit einem Team in der Nürburgring Langstrecken-Serie (VLN) vertreten war. „Das waren meine ersten Schritte in der Branche.“ Weitere Stationen folgten, bis er 2021 den Entschluss fasste, sich mit seinem Motorsportservice selbstständig zu machen. Hauptkunde ist seitdem das Team Schubert aus Oschersleben mit den Fahrern Sheldon van der Linde und René Rast aus dem Kader von BMW Motorsport, die seit diesem Jahr erstmals in der DTM an den Start gehen. Mit Letzterem besteht seit 2018 eine Kooperation mit Brunel. Franz erzählt: „René habe ich bereits 2018 kennengelernt – im Krankenhaus. In dem Jahr hatte er einen schweren Unfall. Ich habe mir zum selben Zeitpunkt, so kurios das auch klingen mag, beim Jubeln an der Leitplanke den Zeh gebrochen. Wir haben uns dann in der Notaufnahme getroffen.“
Franz hat seinen Traumjob bereits gefunden, wie er selbst sagt. Dabei sei dieser harte Arbeit – sowohl körperlich als auch mental. „Es ist kein Nine-to-five-Job, das muss allen, die mit dem Beruf liebäugeln, bewusst sein.“ Ein typisches Rennwochenende beginnt bereits am Montag mit den ersten Vorbereitungen, der Planung, der Logistik, dem Verladen des Equipments. Mittwochs geht es dann mit dem gesamten Tross zur Piste. Der Donnerstag steht ganz im Zeichen des Aufbaus, die Lkw werden entladen, die Boxen vorbereitet, es folgen erste Pit Stop Trainings und freitags das erste Freie Training. Beim Qualifying am Samstag sichern sich die Fahrer:innen ihre Startposition für das Rennen. Franz: „An einigen Tagen sind wir schon um 7 Uhr an der Strecke und kommen erst spät ins Bett, weil wir noch lange am Auto tüfteln müssen.“
Als Mechaniker und Logistiker, hauptsächlich an René Rasts BMW, ist Max Franz für den Reifendruck, den Zustand der Felgen und der Sensoren, Reparaturen sowie den Austausch von Fahrzeugteilen zuständig. Dabei steht er in stetigem Austausch mit den Ingenieur:innen, die im Vorfeld die jeweiligen Einstellungen berechnen. Generell arbeiten Fahrer:innen, Ingenieur:innen und Mechaniker:innen eng zusammen, um gemeinsam die letzten Hundertstel herauszuholen. „René kann sich darauf verlassen, dass wir ihm ein top vorbereitetes Auto hinstellen. Das ist unsere Pflicht. Andersherum gibt er auf der Strecke 100 % und würdigt auf diese Weise unsere Arbeit.“ Sicherheit steht dabei an oberster Stelle: „Wenn nur der kleinste Zweifel besteht, dass ein Teil defekt sein könnte, wird es ausgetauscht. Da gehen wir keine Kompromisse ein. Die Pilot:innen vertrauen uns schließlich ihre Gesundheit an.“
Max Franz (38) ist nach seiner Zeit bei der Bundeswehr durch Zufall mit der Rennbranche in Berührung gekommen. Nach mehreren Stationen bei verschiedenen Motorsport-Teams hat er sich 2021 selbständig gemacht und betreut seitdem als Rennmechaniker vorwiegend das Team Schubert, das aktuell mit den beiden BMW-Fahrern René Rast und Sheldon van der Linde in der DTM Rennsportserie vertreten ist.
Wenn dann die Ampeln auf Grün springen und die Motoren aufheulen, bedeutet das für den 38-Jährigen Adrenalin pur. Die aufregendsten Momente sind für ihn der Start und der Moment, kurz bevor der Wagen in die Box kommt. „Da steigt der Puls auch nach den vielen Jahren im Rennsport.“ Jede Sekunde des Boxenstopps ist durchgeplant. Die vier Mechaniker:innen müssen perfekt harmonieren, sich gegenseitig vertrauen. Max Franz ist für das linke Vorder- und Hinterrad verantwortlich. Wenn alles glattgegangen ist, wird kurz durchgeatmet. Doch die Konzentration darf nach dem Pit Stop nicht nachlassen, denn nicht immer verläuft ein Rennen reibungslos. Vom Crash in der ersten Runde über spontane Reparaturen bis zum Reifenplatzer kurz vor dem Ziel: „Wir haben schon alles erlebt. Derartige Szenarien sind dann sehr frustrierend, weil wir alle unsere gesamte Energie in das Auto gesteckt haben und im schlimmsten Fall am Ende mit Null dastehen.“
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen, heißt es so schön: Das Team reist noch am gleichen Abend zurück nach Oschersleben. Am Montagmorgen geht es direkt weiter. Dann wird das Auto komplett zerlegt, jede noch so kleine Schraube auf Herz und Nieren geprüft. „Im Prinzip denken wir direkt nach dem Schwenken der Zielflagge schon an das nächste Rennen.“
Wenig Freizeit, viel Reisetätigkeit, physische und psychische Belastung: „Für den Job braucht es definitiv einen starken Willen“, sagt Franz. Auch die Vereinbarkeit mit der Familie gestaltet sich teilweise schwierig. „Ich habe das Glück, dass meine Frau und meine drei Kinder zu 100 % hinter mir stehen.“ Seine beiden Söhne sind bereits jetzt große Fans des Motorsports, fahren Kart und schauen mit ihrem Vater fast jedes Rennen – wenn er gerade zuhause ist.
Auch wenn seine Jungs seine Faszination für die rasenden Boliden geerbt haben und eines Tages möglicherweise einen ähnlichen Karriereweg einschlagen, berichtet der 38-Jährige von Nachwuchsproblemen: „Der Fachkräftemangel macht sich auch in unserer Branche bemerkbar. Ich würde mir wünschen, dass wieder mehr junge Leute den Weg in Richtung Handwerk gehen.“ Denn die Technik im Auto, das Flair an der Strecke, die Spannung vor und während des Rennens und der Ansporn, immer noch die letzten Hundertstel herauszukitzeln – für Max Franz gibt es keine besseren Argumente für seinen Traumjob.
Text: Elisabeth Stockinger
Vielen Dank an Nina Münster von Pole Promotion GmbH, die dieses spannende Interview mit Max Franz ermöglicht hat.