Mobilität von Morgen: Der herausfordernde Weg zur bilanziell CO₂-neutralen Flotte
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Der Klimawandel fordert die Automobilindustrie heraus. Der Verbrennungsmotor wird zum Auslaufmodell und Alternativen werden dringend benötigt. Mit „Ambition 2039“ verfolgt Mercedes-Benz das ehrgeizige Ziel, bilanziell CO₂-neutral* zu werden. Sechs Brunel Mitarbeitende begleiten das Projekt und berichten über die Herausforderungen und Ziele ihrer täglichen Arbeit.
Schmelzende Polarkappen, Hitzewellen und Überschwemmungen – die Auswirkungen des Klimawandels sind deutlicher spürbar. In den letzten hundert Jahren ist die Temperatur weltweit um 1,2 Grad Celsius gestiegen. Klar ist: Um die Erderwärmung zu verlangsamen, müssen erhebliche Mengen an CO₂-Emissionen eingespart werden. Als einer der weltweit führenden Automobilhersteller hat sich Mercedes-Benz ein wegweisendes Ziel für mehr Klimaschutz gesteckt. Unter dem Slogan „Ambition 2039“ soll die Neufahrzeugflotte bis zum Jahr 2039 über alle Wertschöpfungsstufen und den gesamten Lebenszyklus bilanziell CO₂-neutral* produziert werden. Dazu gehört neben der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte auch die Verbesserung der bestehenden Batterietechnologie sowie die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft. Ein visionäres Projekt, das innovative Köpfe braucht. Seit Oktober 2022 sind zu diesem Zweck sechs Brunel Mitarbeitende bei dem Fahrzeugbauer als Nachhaltigkeitsmanager:innen beschäftigt.
Eine von ihnen ist Malén Babiel. Sie arbeitet in der Abteilung Nachhaltigkeit, Konzernumweltschutz und Energiemanagement in einem neu gegründeten Team, dessen Aufgabe die Umsetzung nachhaltiger Produkte ist. In diesem kümmert sie sich mit ihren 13 Kolleginnen und Kollegen in der Baureihenbetreuung um das Monitoring und Reporting der „Ambition 2039“-Zielerreichung. Eine wichtige Aufgabe, die neben Leidenschaft auch ein hohes Maß an Flexibilität und Kommunikationsstärke voraussetzt. „Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Environmental-Social-GovernanceKriterien in die Arbeit der einzelnen Baureihen zu integrieren, wobei der Fokus auf Umweltthemen liegt. Das erfordert eine enge Abstimmung mit den Teams, die für die einzelnen Bauteile und Komponenten zuständig sind. Hierbei müssen viele verschiedene Aspekte wie beispielsweise die Dekarbonisierung und die Ressourcenschonung berücksichtigt werden“, erklärt Malén Babiel. Die 27-Jährige ist für die Baureihe Kompakt- und Mittelklasse verantwortlich, in deren Entwicklungsprozess sie aktiv eingebunden ist. „Ich bin dafür zuständig, Mittel und Wege zu finden, die definierten Zielwerte zum CO₂-Ausstoß einzuhalten und den Einsatz von Sekundärrohstoffen, also recycelten Materialien, zu erhöhen.“ Mit Erfolg, wie sich zeigt. In einigen Mercedes-Benz Fahrzeugen wird bereits Mikrofaservlies eingesetzt, das bis zu 100 % aus recycelten PET-Flaschen besteht.
Malén Babiel (27) studierte Biotechnologie und Verfahrenstechnik (BA) und Innovationsmanagement (MA) an der Hochschule Esslingen. Seit April 2023 arbeitet sie als Innovations- und Nachhaltigkeitsmanagerin bei Mercedes-Benz PKW. Bei dem Automobilhersteller ist sie am Standort Stuttgart in der Abteilung Nachhaltigkeit, Konzernumweltschutz und Energiemanagement tätig.
Allein bis 2022 investierte der Automobilhersteller 8,5 Milliarden Euro in die Forschung sowie Entwicklung neuer Technologien und Produktkomponenten, wie zum Beispiel nachhaltige Lederalternativen für den Innenraum. Um stets über die aktuellen Fortschritte informiert zu sein, steht das Team um Babiel in engem Austausch mit den Forschenden. So können die Brunel Mitarbeitenden die gewonnenen Erkenntnisse schnellstmöglich in die Fahrzeugserien einfließen lassen. Zusätzlich dazu finden regelmäßig crossfunktionale Abstimmungsrunden statt, in denen sich die Bauteilverantwortlichen sowie die Materialexpertinnen und -experten der Fahrzeugentwicklung austauschen. „Hierbei übernehmen wir neben der Koordination und Moderation der Abstimmungsrunden auch die inhaltliche Vorbereitung“, berichtet Babiel. „An vielen Stellen müssen wir für das Thema Nachhaltigkeit noch sensibilisieren. Außerdem verfügen wir häufig über ein begrenztes Budget, wodurch ein zusätzlicher Kostendruck entsteht“, führt sie weiter aus. „Leider sind nachhaltige oder grüne Alternativen oftmals noch mit Mehrkosten verbunden“, ergänzt Marc Schleehauf, ein Brunel Kollege Babiels, der im gleichen Team arbeitet.
Marc Schleehauf (32) studierte im Bachelor Infrastrukturmanagement an der Hochschule für Technik Stuttgart und Dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz im Master an der Hochschule Reutlingen. Seit November 2022 ist er bei Mercedes-Benz PKW für die Baureihenbetreuung der Serienfahrzeuge im Themenbereich Nachhaltigkeit zuständig und in interne sowie externe Qualitätsaudits eingebunden. Marc dokumentiert im Mercedes-Werk in Stuttgart fahrzeugspezifische Meilensteine.
Als Baureihenbetreuer der Serienfahrzeuge hat er die Aufgabe, die fahrzeugspezifischen Meilensteine in Absprache mit den jeweiligen Spezialistinnen und Spezialisten aus den verschiedenen Bereichen der Fahrzeugentwicklung zu dokumentieren. Ein Ziel der „Ambition 2039“ bezieht sich beispielsweise auf die Systemfreigabe hinsichtlich der Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialien. Bevor ein Fahrzeug auf den Markt kommen kann, muss die Recyclingfähigkeit offiziell bestätigt werden. Dies geschieht durch die Meldung der entsprechenden Fachabteilungen bei Mercedes-Benz an das Kraftfahrtbundesamt. Marc Schleehauf überprüft die Erreichung der definierten Nachhaltigkeitsziele nach dem Vier-Augen-Prinzip und stellt so sicher, dass diese termingerecht erreicht werden.
„Ich bin im Austausch mit den verantwortlichen Ansprechpersonen der Fahrzeugentwicklung. Da die Meilensteine vorwiegend in messbaren Zielen definiert wurden, haben sie bereits die entsprechenden Prüfungen und Berechnungen durchgeführt, sodass wir die Ergebnisse gemeinsam diskutieren und eine Bewertung abgeben können“, berichtet der 32-Jährige. Sollte es zu einer Abweichung gegenüber den im Lastenheft definierten Zielen kommen, besprechen die Automobilfachleute und der Nachhaltigkeitsmanager das weitere Vorgehen in den dafür vorgesehenen Gremien, um gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.
Die Bemühungen zeigen Wirkung: 2022 lieferte Mercedes-Benz weltweit rund 2,5 Mio. Fahrzeuge an seine Kundschaft aus – davon 16 % elektrifizierte Autos und 4 % vollelektrische Vans. Laut des Geschäftsberichts 2023 sind ein Jahr später schon über 95 % aller neu produzierten Pkw und Transporter über 3,5 t wiederverwertbar. Auch die von Babiel beschriebene Nutzung von Sekundärmaterialien soll in den kommenden Jahren weiter steigen. Geplant ist beispielsweise der Einsatz von 50.000 t CO₂-reduziertem Stahl in verschiedenen Baureihen. Dieser soll zu mindestens 70 % aus Altmaterialien bestehen. Geplant ist außerdem der Ausbau von emissionsfreier und softwaregetriebener Technologie. Mercedes-Benz bietet nach Kundenwunsch vollelektrische Antriebe oder elektrifizierte Verbrennungsmotoren an. Ein wichtiger Schritt, denn der Verkehr war im vergangenen Jahr mit 148 Mio. t ausgestoßenem CO₂ die drittgrößte Emissionsquelle in Deutschland – gleich hinter der Industrie und der Energiewirtschaft. Die eingesetzten Brunel Nachhaltigkeitsmanager:innen bei Mercedes-Benz tragen mit ihrer Arbeit einen wichtigen Teil dazu bei, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Innovation, Durchsetzungsvermögen und Leidenschaft für das tägliche Tun sind der Schlüssel zum Erfolg des Vorhabens: „In unserem Themenbereich ist Passion besonders wichtig, da das Thema Nachhaltigkeit häufig mit der persönlichen Einstellung des Gegenübers zu tun hat. Daher sollte man aus eigenem Antrieb etwas verändern wollen“, findet Schleehauf. Dem stimmt auch Malén Babiel zu: „Mir liegt Nachhaltigkeit am Herzen. Und es bedeutet mir viel, dazu beizutragen, dass durch unser Wirtschaften die Chancen der nachfolgenden Generationen auf eine lebenswerte Umwelt nicht geschmälert werden. Auch soziale Vielfalt und Gerechtigkeit waren mir schon immer persönliche Anliegen.“
*Bilanziell CO₂-neutral bedeutet, dass nicht vermiedene oder reduzierte CO₂-Emissionen bei Mercedes-Benz durch zertifizierte Ausgleichsprojekte kompensiert werden.
Text: Rena Lossau
Bilder: Mercedes-Benz Group AG; GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Michel Iffländer